Datenschutzwissen

Wie bringt man Datenschutz und Umweltschutz in Einklang?

Fahrverbote müssten natürlich auch kontrolliert und sanktioniert werden, um zu einer ernsthaften und spürbaren Verbesserung der Luftqualität beizutragen. Aber wie soll das geschehen, ohne gegen Datenschutzrechte zu verstoßen?

Die Bundesregierung will bis zu eine Milliarde Euro in das Projekt „Saubere Luft“ investieren. Grundsätzlich ist dies natürlich aus gesundheitspolitischer Sicht eine willkommene Maßnahme. Zusätzlich jedoch soll eine weitere halbe Milliarde bereitgestellt werden, die in eine Erfassungsinfrastruktur fließen soll, um den Straßenverkehr großflächig zu scannen. So sollen beispielsweise Dieselfahrverbote durchgesetzt werden. Im Fokus dieser Pläne stehen ältere Dieselfahrzeuge, die bereits jetzt in einigen Innenstädten und auf besonderen Streckenabschnitten mit Fahrverboten belegt sind.

Problem: Bisher erfolgt dies lediglich durch stichprobenartige Kontrollen von Ordnungshütern, namentlich der Polizei. Die wiederum sieht sich mit einer zusätzlichen Kontrollaufgabe langfristig überfordert, da eine effektive Kontrolle einen spürbaren personellen Mehraufwand bedeutet.

Erfassungsgeräte sollen es richten

Fast schon naheliegend, dass so flächendeckend zu installierende Erfassungsgeräte ins Gespräch kommen – das Verkehrsministerium spielt folglich mit dem Gedanken, mit der oben genannten halben Milliarde Euro den Auto- und Lkw-Verkehr grundsätzlich mit Kameras zu erfassen. Die gescannten Nummernschilder wiederum werden von den Kontrollbehörden ausgewertet, um beispielsweise die Fahrzeuge via Nummernschild zu identifizieren, die unerlaubt durch die Verbotszonen dieseln.

Unterm Strich geht es also um Milliarden von Scans und Bildern, auf denen Fahrzeuge, Kfz-Kennzeichen und die Gesichter der betroffenen Fahrer zu sehen sind – für Datenschützer ist das ein Frontalangriff gegen die Schutzbedürfnisse der Bundesbürger. Die Bedenken basieren nicht einmal auf der DSGVO, denn bereits ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2008 beschäftigt sich mit der Frage der Verhältnismäßigkeit:

„Die automatisierte Erfassung von Kraftfahrzeugkennzeichen darf nicht anlasslos erfolgen oder flächendeckend durchgeführt werden. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne ist im Übrigen nicht gewahrt, wenn die gesetzliche Ermächtigung die automatisierte Erfassung und Auswertung von Kraftfahrzeugkennzeichen ermöglicht, ohne dass konkrete Gefahrenlagen oder allgemein gesteigerte Risiken von Rechtsgutgefährdungen oder -verletzungen einen Anlass zur Einrichtung der Kennzeichenerfassung geben. Die stichprobenhafte Durchführung einer solchen Maßnahme kann gegebenenfalls zu Eingriffen von lediglich geringerer Intensität zulässig sein.“

Bis zu 1,3 Millionen Fahrzeuge betroffen

In der aktuellen Diskussion und einem Gesetzentwurf der Bundesregierung geht es um bis zu 1,3 Millionen Fahrzeuge, die unter die derzeitigen Dieselfahrverbote fallen. Eine horrende Zahl auf den ersten Blick, allerdings angesichts von etwa 47 Millionen zugelassener Fahrzeuge insgesamt (Pkw und Lkw) mit nicht einmal 3 Prozent eine nicht wirklich große Zielgruppe. So argumentieren auch die Datenschützer und Kritiker des Gesetzentwurfes und führen die mangelnde Verhältnismäßigkeit ins Feld. Schließlich ginge es um die Feststellung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten, und da sei eine lückenlose Überwachung von Fahrzeuglenkern und ihrer Fahrzeuge als Maßnahme maßlos übertrieben.

Für die 1. Lesung Mitte Januar hatte die Regierung bereits in einigen Punkten nachgebessert. So sollen die erfassten Daten nicht mehr wie ursprünglich geplant sechs Monate gespeichert werden, sondern nur noch für maximal zwei Wochen. Aber auch das konnte die Kritiker im Bundestag kaum überzeugen. Sie sehen dadurch eine Verhältnismäßigkeit noch lange nicht gegeben. Die Bundesregierung hingegen argumentiert damit, dass es nicht um eine massenhafte Überwachung von Autofahrern gehe. Die erfassten Daten gingen lediglich an die für Ordnungswidrigkeiten zuständigen Verwaltungsbehörden und würden bereits nach zwei Wochen wieder gelöscht. Damit sei auch gewährleistet, dass die Kennzeichenerfassung keine Beeinträchtigung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung darstelle.

Als Alternative wurde seitens der Oppositionsparteien einmal mehr eine blaue Plakette ins Spiel gebracht, die aus Datenschutzsicht deutlich unproblematischer wäre. Es bleibt abzuwarten, ob die Bundesregierung ihren Gesetzentwurf in den nächsten Monaten durchbringt.

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