Datenschutz-Rechtsprechung: Kann eine Information auch Werbung sein?
Dass es nicht erlaubt ist, einer Zielperson ohne deren Einwilligung Werbung zuzuschicken, sollte inzwischen bekannt sein. Darf man aber wenigstens öffentlich zugängliche Adressen für Werbemaßnahmen oder zumindest zum Zwecke einer Information ohne Werbeabsicht nutzen? Hierzu gibt es ein klares Urteil.
Immer wieder werden Entscheidungen getroffen, deren Urheber ein ganz offensichtlich geschultes Interesse an der Einhaltung des Datenschutzes haben, sich aber nicht im Klaren über die Feinheiten sind, die den Unterschied machen. Man kann davon ausgehen, dass auch bei diesem Fall aus Berlin Unkenntnis im Detail eine Rolle spielte, der man sich nicht bewusst war:
Einladung zur Podiumsdiskussion
Ein Rechtsanwalt hatte eine E-Mail mit einer Einladung des CDU-Kreisverbands Charlottenburg-Wilmersdorf erhalten. Man wünschte seine Teilnahme an einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung, zu der sich auch der Berliner Senator für Justiz und Verbraucherschutz angekündigt hatte.
Dem Anwalt war sofort aufgefallen, dass er dem CDU-Kreisverband keine Einwilligung zur Nutzung seiner E-Mail-Adresse für Werbezwecke erteilt hatte. Und er konnte sich nicht erklären, wie diese auf die Versandliste der CDU gekommen war.
Keine Werbeabsichten?
Der eingeladene Rechtsanwalt ließ die Sache nicht auf sich beruhen, sodass sich schließlich die CDU gezwungen sah, eine Stellungnahme an die Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit zu senden.
In dieser hieß es, die besagte Einladung sei an den Adressaten wegen seiner beruflichen Eigenschaft als in der Hauptstadt zugelassener Rechtsanwalt gegangen, die Adresse stünde im bundesweiten Anwaltsverzeichnis der Bundesrechtsanwaltskammer. Nicht nur die politische Willensbildung sollte mit seiner Teilnahme an der Diskussionsrunde gestärkt werden – überdies hätte der Angeschriebene die Möglichkeit gehabt, im Rahmen dieser fachbezogenen Veranstaltung mit dem Berliner Justizsenator ins Gespräch zu kommen. Werbeabsichten – so machte die CDU deutlich – seien mit der Einladung aber keine verbunden gewesen.
Klare Entscheidung gegen die Partei
Berlins oberste Datenschützer stellten indes klar:
»Auch die Information zu einer Diskussionsveranstaltung ist eine Werbemaßnahme.«
Und wer in einer Liste zusammengefasste Daten wie im Anwaltsverzeichnis nutzt, muss dies mit den schutzwürdigen Interessen der Adressaten abwägen. Zu den vom Gesetz für Werbezwecke privilegierten Daten gehören E-Mail-Adressen allerdings nicht.
Kein Anspruch auf werbliche Datennutzung
Die Begründung der Datenschützer geht aber noch weiter: Die von der Rechtsanwaltskammer herausgegebenen Verzeichnisse sollen Gerichte und Behörden, zudem Rechtssuchende und andere am Rechtsverkehr Beteiligte informieren. Dies allein sei Grund der dafür notwendigen Datenspeicherung.
Daraus lässt sich kein Anspruch für die Nutzung zu Werbe- und Informationsvorhaben ableiten. Hier wird deutlich, wie fließend aus Sicht des Datenschutzes die Grenzen zwischen tatsächlichem und vermeintlichem öffentlichen Interesse scheinen können – nämlich dann, wenn es einer Werbemaßnahme bedarf, um darauf hinzuweisen.
Quelle: Bericht der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit zum 31. Dezember 2015, Seite 150.
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