Datensicherheit im Internet

Mangelnder Datenschutz im Alltag – wie wir selbst zu Verhältnissen beitragen, die wir dann beklagen

Studien belegen: Leichtfertiger Umgang mit persönlichen Daten ist in Deutschland weit verbreitet. Unser digitaler Alltag wird mehr und mehr zur Datenfalle. Wie internationale Konzerne sich goldene Nasen verdienen und wie die Überwachung auch vor dem Kinderzimmer nicht mehr haltmacht.

Klick und weiter – wer liest schon gerne AGB?

Kleine Lügen, so behaupten Sprach- und Sozialforscher gerne, machen unseren Alltag smarter. Bis zu 200 Mal greift man in unserem Kulturkreis angeblich täglich zu mehr oder weniger kleinen Notlügen und Flunkereien. »Kein Problem« – »Sieht toll aus« – »Mach ich doch gerne« – schnell ist eine Situation geklärt, ein drohender Konflikt entschärft und alle sind zufrieden.

Auch im Internet meiden wir Hürden und Komplikationen, um mit möglichst wenigen Klicks zum erwünschten Ziel zu kommen. Das Häkchen an der AGB-Bestätigung gehört mehr und mehr zur lästigen Routine, und selbst wenn man sich die Zeit nehmen würde, um auf den Download zu warten und die verklausulierten Formulierungen durchzulesen – oft sind sie so klein geschrieben, dass man den Versuch schnell aufgibt.

Ein Versäumnis, das weitreichende Folgen haben kann. Internetkonzerne wie Google, Apple, Facebook, Amazon & Co. sammeln weltweit unaufhörlich Daten und haben zwischenzeitlich ihre Geschäftsmodelle dazu so weit perfektioniert, dass sie aus diesen weitestgehend gratis generierten Informationen über ihre Nutzer im wahrsten Sinne Gold machen.

Wissen ist Macht – mehr wissen macht reich!

Wer sich nicht an Verschwörungstheorien beteiligen möchte, unterstellt Google und Co. als Motiv für ihre unersättliche Sammelwut in erster Linie geschäftliche Interessen. Und dass sich davon ganz gut leben lässt, zeigen die veröffentlichten Gewinnzahlen der Konzerne.

Googles Mutterkonzern »Alphabet Inc.« benennt für 2017 einen Gewinn von über 12,6 Mrd. US $. Facebook weist für denselben Zeitraum sogar einen Gewinn von knapp 16 Mrd. US $ aus – hauptsächlich erzielt durch Werbung und maßgeblich gefüttert mit unseren Daten: Von welchem Gerät aus surfen Sie im Internet? Über WLAN? Mit welcher Netzstärke? Wo steht Ihr PC? Mit welcher Bildschirmgröße? Was suchen Sie im Netz? Wann? Wie oft? Wie lange? Machen Sie Internetbanking? Bei welcher Bank? Wie oft? Was posten Sie in sozialen Netzwerken? Wer sind Ihre Freunde? usw.

Wer nichts zu verbergen hat, muss sich doch keine Sorgen machen!

Lauter einzelne, scheinbar harmlose Fragen, die niemanden beunruhigen dürften, solange er sich nicht verdächtig oft an geheimen Militärbasen oder nachts um Juweliergeschäfte herumtreibt.

Zusammengenommen aber, über Wochen, Monate, Jahre betrachtet und algorhythmisch ausgewertet, wird daraus ein sehr konkretes Profil, das Dinge über Sie preisgibt, die Sie vielleicht doch nicht mit international operierenden US-Konzernen und deren Werbekunden teilen möchten.

Personalisierte Werbung, wenn Sie nach Reisezielen in Süditalien gesucht oder Sportschuhe verglichen haben, mag ja noch zum Schmunzeln anregen. Wenn aber plötzlich Babymilch-Proben im Briefkasten sind, wo Sie selber vielleicht erst seit Kurzem wissen, dass Sie schwanger sind, und sonst noch niemand …?

Was, wenn Daten des Fitnessarmbands oder über Kredit- und Bonuspunktkarten gesammelte Informationen über Ess- und Trinkgewohnheiten bei der Krankenkasse landen? Ihre Arbeitsmarktrecherche dem Personalchef auf den Schreibtisch flattert oder Ihr Fahrzeug demnächst Ihren Fahrstil 1:1 an die Kfz-Versicherung weiterleitet?

Nicht so schön? Aber alles legal. Abgesichert durch AGB, denen Sie zugestimmt haben, und Datenschutzrecht aus fernen Ländern, auf das deutsche Politiker und Gesetzgeber keinerlei Einfluss haben.

Das Internet vergisst nichts – warum Sensibilisierung schon in der Grundschule beginnen sollte

Dass die digitale Sammelwut auch vor Kinderzimmern nicht haltmacht, ist besonders verstörend. Onlinespiele sind bekannt als eine Goldgrube für Datensammler. Nicht erst seit Pokémon Go. Aber auch speziell auf Kinder ausgerichtete Internetseiten mit pädagogisch durchaus wertvollen Inhalten, zum Teil sogar durch Bundesministerien gefördert, erfüllen ihren eigentlichen Zweck durch das Ausspionieren der jungen User, wie eine Studie der Firma e-blocker ermittelte.

Zum Teil sind sie hierfür mit 30 und mehr Webwanzen ausgestattet, die das Surfverhalten der Kinder tracken, um gezielt Werbung auszuspielen und Persönlichkeitsprofile zu erstellen, mit allem was dazu gehört: Alter, Geschlecht, Vorlieben, Entwicklungsstand, finanzieller Hintergrund, mögliche Lernschwächen, soziale Probleme ... Da erscheinen sprechende Barbies, die ihre »Gespräche« mit den Kindern aufzeichnen und in die Cloud schicken – zum Teil sogar im Auftrag und mit Wissen der Eltern – und Ihnen ganz im Vertrauen die neuesten Disney-Filme und -Merchandisingartikel empfehlen, lediglich als besonders skurrile Spitze des Eisbergs.

Was die Spionage im Kinderzimmer so perfide macht, ist, dass alles, was in jungen und jüngsten Jahren über einen Menschen digital gesammelt wird, ihn sein Leben lang begleitet. Das Gedächtnis des Internets ist wahrhaft grenzenlos.

Aufklärung und Sensibilisierung unserer Kinder über den Wert persönlicher Daten, über digitale Fußabdrücke und deren mögliche Folgen und über Möglichkeiten, sich zu schützen, müssen daher heute schon im Kindergarten beginnen. Und es fordert von den Erwachsenen, sich ebenfalls ernsthaft und konsequent mit dem Thema Datenschutz auseinanderzusetzen und nicht aus Bequemlichkeit hinzunehmen, was scheinbar unabwendbar ist.

Zurück

Hier bloggt die Redaktion Datenschutz & Datensicherheit des Verlags Mensch und Medien.

Datenschutz & Datensicherheit Das Fachinformationsportal

  • Aktuelles Fachwissen
  • Rechtssichere Entscheidungen
  • Praktische Arbeitshilfen
  • Übersichtliche Prozessdarstellungen
  • Sofort einsetzbare Schulungen

Jetzt 4 Wochen testen