Datenschutzwissen

Die Geburtsstunde des Datenschutzes – ein kleiner Rückblick

Vor 50 Jahren trat das hessische Datenschutzgesetz in Kraft. Ein Meilenstein, der erste, in der Geschichte der Datenschutzgesetze in Deutschland. Wie ist es eigentlich dazu gekommen?

Was heute als Selbstverständlichkeit gilt, wurde im ehemaligen Stadtschloss der nassauischen Herzöge, dem Wiesbadener Landtag, erstmals so in dieser Form verlesen: „(…) erfasste Unterlagen, Daten und Ergebnisse sind so zu ermitteln, weiterzuleiten und aufzubewahren, dass sie nicht durch Unbefugte eingesehen, verändert, abgerufen oder vernichtet werden können. Dies ist durch geeignete personelle und technische Vorkehrungen sicherzustellen.“

Ein Leitartikel gab den Anstoß

1969 erschien in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ein Artikel von Hanno Kühnert, der mit der Zunahme von Großrechnern – er schreibt von der „sanften Revolution der Elektronengehirne“ – eine ganze Reihe von Gefahren für die Gesellschaft verbunden sah. Unsere heutigen Computer mögen zwar nicht mehr so groß wie Kühlschränke sein, die alarmierende Wortwahl Kühnerts jedoch ist in etwa derjenigen vergleichbar, mit der heute die Gegner von Facebook oder Google mahnen. Von „Tendenzen zur Totalisierung“ war die Rede oder der „Entblößung und Degradierung der menschlichen Person“. Damals stand aber in erster Linie der Staat unter Verdacht. Was war womöglich zu befürchten, wenn staatliche Behörden Millionen Daten von Bürgern speicherten und beliebig auswerten konnten? Eine solche Datenzentralisierung mache den Einzelnen „unerträglich“ transparent und erfordere daher Kontrollen sowie Informationssperren. Mag sein, dass sich seinerzeit nicht viele Deutsche Gedanken über die Risiken zentral erfasster Datenmengen machten, der juristisch beschlagene Kühnert brachte jedenfalls einen Stein ins Rollen. Und wohl selten dürfte ein Leitartikel in Deutschland eine dermaßen weitreichende Wirkung gehabt haben.

Die Politik reagierte umgehend

Denn der hessische Ministerpräsident Georg-August Zinn (SPD) war ein aufmerksamer Zeitungsleser. Wer pauschal über die Betulichkeit vieler Politiker spottet, hätte sich 1969 eines Besseren belehren lassen müssen. Wenn die Überlieferung stimmt, hat Zinn noch am gleichen Tag einen Gesetzesentwurf in Auftrag gegeben, der das staatliche Datensammeln gesetzlich fundierten Regeln unterwerfen sollte. Dennoch gilt der damals in Frankfurt lehrende Jurist Spiros Simitis als eigentlicher Vater des Datenschutzes. Er verfasste den Gesetzestext, ausgehend von eigenen Untersuchungen der noch jungen elektronischen Datenerhebung und -verarbeitung. Zum ersten Mal überhaupt wurde der Bürger gegen staatliche Willkür beim Umgang mit seinen Daten geschützt – ein Fanal, das nicht nur in Deutschland herausragte, sondern weltweit das erste Gesetz seiner Art war und schnell Schule machte.

Ein bahnbrechendes Gesetz

Mit dem neuen hessischen Datenschutzgesetz wurde zugleich ein neues Amt etabliert: der Datenschutzbeauftragte. Er war die erste Anlaufstelle für besorgte Bürger, der oberste Kontrolleur eines Mediums, das vielen schon damals nicht geheuer war. Und doch muss aus heutiger Sicht darauf hingewiesen werden, dass die Geburt des Datenschutzes aus dem Misstrauen gegenüber staatlichen Institutionen heraus entstand. In erster Linie verfügten zum damaligen Zeitpunkt staatliche Stellen über das technische Equipment und Anlässe zur Datenerhebung. Auf Unternehmensseite dachte man erst später über diese Möglichkeiten nach. Riesige Computer hielten in den Behörden Einzug und sorgten allein schon wegen ihrer Größe für ein Bedrohungsszenario. Es war aber hierzulande ein gar nicht so langer Weg, bis Richter entschieden, dass die Sicherheit persönlicher Daten auch die Sicherheit der Demokratie garantiere. Wenn heute ein Social-Media-Gigant oder eine beherrschende Suchmaschine in den Fokus rückt, gilt diese Erkenntnis nicht weniger. Dass wir uns selbst damals mit dem Datenschutz ein gesellschaftlich unschätzbar wertvolles Geschenk machten, dafür steht das bahnbrechende Ereignis vor nunmehr einem halben Jahrhundert.

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