Datensicherheit im Internet

Eine neue Datenschutz-Baustelle: Kamera-Jagd auf Dieselsünder löst Bedenken aus

Immer mehr Städte belegen ältere Diesel, die nicht der neuesten Abgasnorm entsprechen, mit Fahrverboten im Innenstadtbereich. Da stellt sich natürlich die Frage, wie das künftig zwecks Ahndung kontrolliert werden soll.

Die Bundesregierung hat dafür im November ein Gesetz auf den Weg gebracht, um Dieselsünder per Kamera zu identifizieren. Das stößt jedoch auf datenschutzrechtliche Bedenken. Immerhin geht es um Hunderttausende Fahrzeuge, die davon betroffen sind. Das sind Euro-5-Selbstzünder und Diesel, die „darunter“ eingestuft sind. Vor allem viele Handwerksbetriebe fahren solche Autos, für die allerdings schon Ausnahmeregelungen erlassen wurden.

Bislang lediglich stichprobenartige Überprüfungen

In Hamburg sind zurzeit die ersten Dieselfahrverbote in Kraft. Kontrolliert wird stichprobenartig durch die Ordnungshüter und Polizeistreifen, aber es sind bisher nur zwei Straßen betroffen. Wer als Dieselsünder identifiziert wird, muss 20 Euro Bußgeld berappen. Auch in Stuttgart soll ab kommendem Jahr kontrolliert werden, hier ebenfalls durch stichprobenartige Überprüfungen durch Polizeibeamte. Fällt einer Polizeistreife ein älteres Fahrzeug auf, das vermeintlich schmutzig dieselt, wird ein Ordnungsgeld von 80 Euro verhängt. Soweit die ersten praktischen Erfahrungen – weitere Städte werden diesen Beispielen folgen.

Ein neues Überwachungsgesetz

Um die Rechtslage zu vereinfachen, hat die Bundesregierung ein Überwachungsgesetz auf den Weg gebracht. Darin steht, dass „die Behörden im Rahmen von Kontrollen bestimmte Daten, auch automatisiert, erheben, speichern und verwenden sowie zum Abgleich auf die Daten des Zentralen Fahrzeugregisters zugreifen können sollen“. Eine totale Kameraüberwachung also, die sowohl das Kennzeichen des Fahrzeugs erfasst wie auch den Fahrer selbst erkennbar macht. Datenschützer befürchten hierbei eine unverhältnismäßig scharfe Überwachung, immerhin gehe es ja lediglich um einen bußgeldbewehrten Verstoß im Rahmen einer Ordnungswidrigkeit. Zwar sieht das Gesetz vor, dass die gespeicherten Videodaten sechs Monate nach deren Aufzeichnung gelöscht werden müssen, aber auch das sehen zahlreiche Datenschutzexperten mit Bedenken.

Aufbau einer neuen Überwachungsinfrastruktur?

Andere Kritiker befürchten, dass mit der Installation einer solchen lückenlosen Kameraüberwachung generell eine datenschutzrechtliche bedenkliche Infrastruktur geschaffen wird, die später auch über die Verfolgung von Dieselsündern hinaus genutzt werden könnte. Zustimmung zum geplanten Gesetz kommt allerdings aus Polizeikreisen, mit einem nachvollziehbaren Argument: Denn die Überprüfung von vermeintlichen Diesel-Sündern stellt natürliche eine zusätzliche Aufgabe für die Ordnungshüter dar, wobei vielerorts schon ohne diese neue Überwachung die Polizei vor allem in Großstädten personell im Grenzbereich agiert. Somit wäre eine vollautomatisierte Überwachung der Dieselfahrverbote für die Polizei eine echte Erleichterung.

Das Thema ist noch lange nicht vom Tisch

Insgesamt sehen viele Skeptiker in der Dieseldiskussion die Probleme auf einer ganz anderen Seite. So wird immer wieder Kritik an der Bundesregierung laut, im Dieselskandal nicht vehement genug auf die Automobilhersteller einzuwirken. Schließlich wurden die heutigen „Schmutzdiesel“ von ihren Eignern im guten Glauben gekauft, auf eine umwelttechnisch saubere Lösung zu setzen. Heute sollen sie nun nicht nur dafür zur Kasse gebeten werden, sondern werden unter Umständen durch ganzheitliche Systeme überwacht, die bislang nur im Rahmen der Strafverfolgung denkbar waren. Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzentwurf durch den Bundesrat kommt – in zahlreichen Bundesländern scheint dies bereits jetzt höchst unwahrscheinlich.

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Hier bloggt die Redaktion Datenschutz & Datensicherheit des Verlags Mensch und Medien.

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