Ist Datenschutz wirklich ein Wettbewerbsvorteil? Vielen Unternehmern kommen Zweifel
Im Februar 2017 – da war das Thema Datenschutzgrundverordnung noch Insiderwissen – fragte der Branchenverband Bitkom 500 repräsentative Unternehmen nach den Chancen und Schwierigkeiten der digitalen Transformation.
Ganz vorn auf der Problemliste landeten damals die Bereiche Datenschutz und IT-Sicherheit, die ohnehin eng miteinander verknüpft sind. Vier von zehn Firmen waren sich sicher, dass der Datenschutz die digitale Transformation behindern und das Inkrafttreten der DSGVO diese Hürden noch höher auftürmen würde. Die Bitkom-Umfrage nahmen seinerzeit viele Vertreter von Politik, Wirtschaft und Medien zum Anlass, auf die Wettbewerbsvorteile hinzuweisen, die der Datenschutz mit sich brächte. Was hat sich daran inzwischen als wahr erwiesen?
Große Teile der Wirtschaft sind verunsichert
Wer vorbildlichen Datenschutz betreibt, so zumindest die Theorie, erwirbt sich damit das Vertrauen der Kunden. Ein Finanzinstitut beispielsweise, das die sensiblen Daten seiner Kunden perfekt sichere, sei nun mal für Kunden attraktiver als eines, das mit Hackerangriffen und Datenverlusten in den Schlagzeilen steht. Auch in anderen Branchen, glaubten Datenschutzexperten, würden Kunden die Bemühungen um Datenschutz mit Nachfrage honorieren.
In einem Zeitungsinterview hat nun Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA), einen andere Ton angeschlagen. Datenschutzverordnungen, so der Arbeitgeber-Sprecher, würden fortgesetzt zu „Verwirrung und Unsicherheit“ führen, die schon bei der Produktentwicklung zu Tage träte. Um exorbitanten Bußgeldern vorzubeugen, setzten viele Unternehmen auf Privacy-by-Design-Lösungen, die vom Start weg auch den Datenschutz berücksichtigen. Dabei sollen Produkte und Services durch Datenvermeidbarkeit und Datensparsamkeit DSGVO-konform gemacht werden. Nur das Maß an personenbezogenen Daten wird einbezogen, das für die Anwendung unbedingt nötig ist – ein Vorgehen, das wegen seiner Einschränkungen nicht zwangsläufig zu Wettbewerbsvorteilen führt.
Keine Kundengewinnung durch optimalen Datenschutz
Im IW-Report I/20, einer regelmäßigen Erhebung des Instituts der Deutschen Wirtschaft, kann die Mehrheit der befragten Unternehmen in der korrekten Umsetzung der EU-Datenschutzrichtlinien jedenfalls keine Wettbewerbsvorteile erkennen. 862 Firmen sind unter anderem danach befragt worden, ob sie der Meinung seien, durch musterhaften Datenschutz Kunden interessieren zu können. Gerade einmal fünf Prozent waren dieser Auffassung, 86 Prozent sahen keine Vorteile.
Zu den Skeptikern gehören viele Industrieunternehmen, die freilich eher weniger mit personenbezogenen Daten befasst sind. Doch auch zahlreiche Dienstleister sind im Lager der Zweifler zu finden. Möglicherweise sind das Firmen, deren Kunden weniger strikte Ansprüche an den Datenschutz haben und entsprechende Maßnahmen daher nicht eigens belohnten. Zumindest sehen 54 Prozent der befragten Unternehmen die DSGVO nicht explizit als Nachteil für ihre Geschäftstätigkeit – 34 Prozent aber sehr wohl. Die Umsetzung der Datenschutz-Bestimmungen erforderten in ihren Augen einen hohen Aufwand, führten aber dennoch zu Rechtsunsicherheit und Belastungen durch die Sorge vor drohenden Strafen. Besonders nachteilig wird der Umstand empfunden, mit Unternehmen in Konkurrenz zu stehen, die außerhalb der EU ansässig und deshalb nicht der DSGVO verpflichtet sind.
Die Lösung: DSGVO für alle?
Die Schlussfolgerung der Autoren des IW-Reports versucht die Last von den Schultern der Unternehmen auf die der Regierungen zu schieben. Die DSGVO sollte am besten als internationaler Standard durchgesetzt werden und im globalen Wettbewerb als Vorbild zur Gestaltung nationaler und transnationaler Datenschutzregelungen dienen. Schließlich habe sich zuletzt erst der US-Bundesstaat Kalifornien in seinem neuen Datenschutzgesetz an der DSGVO orientiert. Die nüchterne Übersetzung dieser Forderung lautet indes: Warum sollten nur unsere Wirtschaftsunternehmen ein Problem mit dem Datenschutz haben, wenn es doch auch alle anderen haben könnten?
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