Datenschutzwissen

Datenschutzfall: Wann dürfen Gespräche in Callcentern aufgezeichnet oder mitgehört werden?

Wohl jeder kennt die Situation: Man telefoniert mit einem Callcenter und wird vom dortigen Mitarbeiter oder einer digitalisierten Stimme um ein Einverständnis für das Mitschneiden des Gesprächs gebeten.

Meist werden die Optimierung der Qualitätssicherung oder die Ausbildung von Mitarbeitern als Gründe angegeben. Nachdem es offenbar wiederholt zu Anfragen gekommen war, hat der Landesbeauftragte für Datenschutz von Baden-Württemberg über die Zulässigkeit des Aufzeichnens und Mithörens von Telefongesprächen eine aufschlussreiche Erklärung abgegeben.

Das Recht am gesprochenen Wort ist maßgebend

Der Datenschutzbeauftragte stellt zuerst klar, dass zwischen einem Recht des Kunden und den Rechten der Beschäftigten unterschieden werden muss. Als Ausfluss des durch das Grundgesetz geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts steht jedem Kunden das Recht am gesprochenen Wort zu. In Bezug auf den Datenschutz ist im Regelfall zwischen den berechtigten Geschäftsinteressen des Callcenter-Betreibers und den schutzwürdigen Interessen von Kunden und Mitarbeiter abzuwägen.

Daraus ergibt sich eine konkrete Wertigkeit: Das Recht am gesprochenen Wort geht grundsätzlich wirtschaftlichen Interessen vor. Zudem könnten Gespräche auch weitaus umfangreicher sein als wirklich erforderlich für die Erfüllung des geschäftlichen Zwecks des Telefonats.

Einverständniserklärung vor Gesprächsbeginn nötig

Die heimliche Aufzeichnung solcher Gespräche oder auch nur das Abhören sind grundsätzlich verboten. Gemäß § 201 StGB droht bei einem Missbrauch von Telefongesprächen in Callcentern eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe. Aufzeichnungen und das Mithören sind indes zulässig, wenn der teilnehmende Kunde zuvor darüber informiert wurde und aufgrund einer Befragung seine ausdrückliche Einwilligung gegeben hat. Dagegen genügt eine bloße Widerspruchslösung diesen Voraussetzungen nicht.

Wer beispielsweise informiert wird, dass er im Falle einer Verweigerung der Aufzeichnung doch bitte dem Kundenberater im Callcenter zu Gesprächsbeginn Bescheid geben solle, willigt nicht im Sinne der DS-GVO ein. Ihm wird vielmehr eine konkludente Einwilligung unterstellt. Ein gegebenes Einverständnis am Anfang des Gesprächs ist daher zwingend notwendig, will sich das mitschneidende Callcenter auf legalem Boden bewegen.

Die Rechte der Beschäftigten wahren

Eindeutige Grenzen weist der Landesdatenschutzbeauftragte auch den Rechten der Beschäftigten des Callcenters zu. Die Aufzeichnung oder das Mithören eines Gesprächs und die spätere Nutzung für eine Verhaltens- und Leistungskontrolle des Teams sind nur dann zulässig, wenn sich Mitarbeiter in der Anlernphase befinden – sonst aber nur stichprobenartig oder auf einen Anlass bezogen. Solche Anlässe können genau spezifizierte Kundenbeschwerden oder Qualitätsmängel bei bestimmten Mitarbeitern in einem bestimmten Zeitraum sein. Bei Stichproben müssen Vorgesetzte exakte Zahlenobergrenzen nennen – etwa als Prozentangabe oder als definierte Zahl von Gesprächen pro Monat.

Ausnahme darf nicht zur Regel werden

Davon abgesehen gilt es, auch das berechtigte Interesse des Unternehmens anzuerkennen, das die über sein Callcenter geführten Gespräche zur Materialgewinnung für Mitarbeiterschulungen aufzeichnen und analysieren möchte. Aufzeichnungen mit diesem Ziel sind nur so lange erlaubt, bis das zu sammelnde Schulungsmaterial den erforderlichen Umfang erreicht hat. Unbegrenzte, womöglich noch unbefristete Aufzeichnungen sind im Sinne des Datenschutzes nicht zu rechtfertigen. Der Landesdatenschutzbeauftragte spricht explizit davon, dass die geschilderten Maßnahmen im Grunde eine Ausnahme seien, die nicht zur Regel werden dürfe.

32. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz Baden-Württemberg 2014/2015, Seite 147

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