Datenschutzwissen

Repräsentative Bitkom-Umfrage: Datenschutz als Innovationsbremse

Wenn der Branchenverband der deutschen Informations- und Telekommunikationsbranche – besser bekannt unter seinem Kürzel Bitkom – eine Befragung macht, werden nicht nur professionelle ITler hellhörig.

Gerade die Erkenntnisse des einflussreichen Digitalverbands zur Umsetzung des Datenschutzes in Deutschland hatten seit Einführung der DSGVO im Jahr 2018 immer wieder Signalwirkung. Mit konstruktiver Wirkung? Wenn man auf die Ergebnisse der neusten Bitkom-Umfrage sieht – kaum.

Datenschutz als unternehmerischer Stressfaktor

Im Auftrag von Bitkom waren 502 deutsche Unternehmen mit 20 oder mehr Beschäftigten zum Thema Datenschutz und Digitalisierung befragt worden. Das Resümee der Bitkom-Geschäftsleiterin Susanne Dehmel: „„Dem Datenschutz kommt in der digitalen Wirtschaft und Gesellschaft eine besondere Bedeutung zu. Den Unternehmen fehlt es aber zunehmend an Planbarkeit und Verlässlichkeit. (...) Sie stehen beim Datenschutz unter permanenten Stress, wollen (...) ihm Genüge tun, aber dazu müssen sie nicht nur europaweit Gerichtsurteile verfolgen und die unterschiedliche Auslegung aus den Mitgliedsstaaten kennen, sondern sich zusätzlich mit 18 verschiedenen Lesarten von Datenschutzaufsichten allein in Deutschland auseinandersetzen. Das ist vor allem für kleinere Unternehmen immer schwerer zu stemmen.“

Mehraufwand durch Datenschutz

Hier einige der Befragungsergebnisse in Prozentzahlen: 42 Prozent der Befragten erklären, dass für sie mit Einführung der DSGVO der Aufwand gestiegen sei. Weiterhin geht ein Drittel davon aus, dass sich daran nichts ändern werde – nur bei sechs Prozent hat sich die Mehrarbeit wieder reduziert.

Innovationen in neun von zehn Firmen gestoppt

Schwerer wiegt sicherlich eine andere Zahl: Drei Viertel (76 Prozent) aller befragten Unternehmen gaben an, mit Innovationsprojekten aufgrund von Vorgaben der DSGVO gescheitert zu sein. In 86 Prozent der Unternehmen wurden Vorhaben „wegen Unklarheiten im Umgang mit der DSGVO“ angehalten. Als größte Schwierigkeiten wurde der Aufbau von Datenpools, die Prozessoptimierung bei der Kundenbetreuung, die Verbesserung der Datennutzung, der Einsatz neuer Technologien, wie künstliche Intelligenz oder Big Data sowie von Cloud-Diensten, genannt.

Mangelhafte Umsetzung der DSGVO

Noch immer haben 29 Prozent der Befragten die DSGVO noch nicht vollständig umgesetzt, weitere fünf Prozent – hier vor allem Kleinbetriebe – stehen damit noch ganz am Anfang. 82 Prozent der Befragten machten die Corona-Einschränkungen dafür verantwortlich. 77 Prozent erklärten sogar, dass sich die DSGVO nicht vollständig umsetzen lasse. Vielen Firmen fehlt es schlicht an den erforderlichen Fachkräften. Andere kämen nach eigener Aussage mit der Anpassung an neue Urteile und Empfehlungen nicht hinterher.

Rechtsunsicherheit gewachsen

In einer Bitikom-Umfrage vor zwei Jahren sahen 68 Prozent das Thema Rechtsunsicherheit als größte Herausforderung. Heute sind es 78 Prozent. 74 Prozent beklagen Änderungen und Anpassungen (2019: 59 Prozent). Dabei wird die Datenschutzaufsicht nicht immer als kooperativ wahrgenommen. 24 Prozent erhielten von dieser keine Antwort auf Bitten um Hilfe. 28 Prozent bekamen immerhin eine Antwort, aber keine weitere Unterstützung. Von den 29 Prozent der Firmen, denen geholfen wurde, gaben wiederum 41 Prozent an, damit eher nicht, 25 Prozent, überhaupt nicht zufrieden gewesen zu sein.

Datentransfer von existenzieller Bedeutung

Die Wirtschaft bekräftigte nach Wegfall des „Privacy Shields“ durch das EuGH-Urteil die Bedeutung des transatlantischen Datentransfers. Sollten personenbezogene Daten außerhalb der EU nicht mehr verarbeitet werden können, befürchten 62 Prozent der Befragten, verschiedene Produkte und Dienstleistungen nicht mehr anbieten zu können, 57 Prozent sehen Wettbewerbsnachteile für EU-Unternehmen auf sich zukommen, 54 Prozent erwarten eine Kostensteigerung, ebenfalls 54 Prozent, dass ihr globaler Security-Support nicht mehr aufrechtzuerhalten sei.

Die Politik soll eingreifen

Ausgehend von dieser düster gefärbten Stimmungslage fordern 89 Prozent der befragten Unternehmen eine Anpassung der DSGVO durch die nächste Bundesregierung. Zwei Drittel wünschen sich stärkere europäische Vereinheitlichung der Datenschutzvorgaben. Auch nicht zu übersehen: Der Wunsch von beachtlichen sechs von zehn befragten nach Abschaffung der deutschen Landesdatenschutzbehörden.

Zurück

Hier bloggt die Redaktion Datenschutz & Datensicherheit des Verlags Mensch und Medien.

Datenschutz & Datensicherheit Das Fachinformationsportal

  • Aktuelles Fachwissen
  • Rechtssichere Entscheidungen
  • Praktische Arbeitshilfen
  • Übersichtliche Prozessdarstellungen
  • Sofort einsetzbare Schulungen

Jetzt 4 Wochen testen